Installation einer Lademöglichkeit für elektrische Fahrzeuge
Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG kann ein Eigentümer seit dem 01.12.2020 angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen, zum Beispiel die Errichtung einer Lademöglichkeit auf einem Stellplatz.
Diesem Zweck dienen alle baulichen Veränderungen, die es ermöglichen, die Batterie eines Fahrzeugs zu laden. Der Anspruch beschränkt sich nicht nur auf die Anbringung einer Ladestation sondern betrifft beispielsweise auch die Verlegung von Leitungen und Eingriffe in die gemeinschaftliche Stromversorgungsinfrastruktur, die notwendig sind, damit die Lademöglichkeit sinnvoll genutzt werden kann. Erfasst sind neben den im Elektromobilitätsgesetz (EMoG) genannten Fahrzeugen auch elektrisch betriebene Zweiräder oder spezielle Elektromobile für Gehbehinderte. Der Anspruch beschränkt sich nicht nur auf die Ersteinrichtung einer Lademöglichkeit, sondern betrifft auch deren Verbesserung.
Der Wohnungseigentümer wird seinen Anspruch aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 auf bauliche Veränderung wohl mit seinem Recht zum Mitgebrauch nach § 16 Abs. 1 Satz 3 (zum Beispiel der bestehenden Elektroinstallationen) kombinieren. Das Recht zum Mitgebrauch besteht unproblematisch, soweit der Mitgebrauch durch alle interessierten Wohnungseigentümer technisch möglich ist. Entstehen durch den nachträglichen Mitgebrauch eines Wohnungseigentümers Kapazitätsprobleme, müssen diese nach allgemeinen Regeln gelöst werden, etwa durch einen Beschluss, der regelt, wann welcher Wohnungseigentümer das gemeinschaftliche Eigentum gebrauchen darf. Dabei sind alle interessierten Wohnungseigentümer gleich zu behandeln, ungeachtet der Tatsache, wie lange sie das gemeinschaftliche Eigentum schon gebrauchen. Es ist deshalb nicht zulässig, den Anspruch aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 mit Blick auf beschränkte Kapazitäten etwa der gemeinschaftlichen Elektroinstallationen abzulehnen (Rechtsanwalt Marco J. Schwarz, Neue Beschlusskompetenzen, 26.01.2021).
Entweder teilen sich in einem solchen Fall alle an der Nutzung interessierten Wohnungseigentümer die beschränkten Kapazitäten der bestehenden Elektroinstallationen oder sie rüsten diese gemeinsam auf (zum Beispiel durch die Installation eines Lastmanagementsystems oder die Erweiterung der Hausanschlussleistung) und tragen die dafür notwendigen Kosten gemeinsam (vergleiche § 21 Abs. 1 Satz 1); der Anspruch auf Aufrüstung ergibt sich wiederum aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2. Die Nutzung und Kostenbeteiligung durch später hinzutretende Wohnungseigentümer in diesem Fall regelt § 21 Abs. 4. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 räumt dem Wohnungseigentümer nicht das Recht ein, ein zu ladendes Fahrzeug für die Zeit des Ladevorgangs im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums abzustellen. Fehlt es an einem solchen Recht, ist die Herstellung einer Lademöglichkeit nicht angemessen. Ein Anspruch besteht deshalb in der Regel nur, wenn der Wohnungseigentümer das Recht hat, das zu ladende Fahrzeug im Bereich der begehrten Lademöglichkeit abzustellen. Keine Rolle spielt es, ob sich dieses Recht aus dem Sondereigentum, einem Sondernutzungsrecht oder lediglich dem Recht zum Mitgebrauch einer gemeinschaftlichen Abstellfläche ergibt. Die sinnvolle Nutzung der Lademöglichkeit beschränkt sich nicht auf die bloße Entnahme von Elektrizität. Halter von Elektrofahrzeugen können beispielsweise Flexibilität für das Stromnetz oder den Strommarkt bereitstellen oder von variablen Tarifen profitieren. Solche Anwendungen eröffnen zusätzliche Nutzungen der Ladeeinrichtung und des Fahrzeugs. Je nach Dimensionierung des Hausanschlusses und der Auslastung des örtlichen Verteilernetzes kann eine intelligente Steuerbarkeit eine entscheidende Voraussetzung dafür sein, dass eine Ladeinrichtung an das Stromnetz angeschlossen werden kann (Rechtsanwalt Marco J. Schwarz, Neue Beschlusskompetenzen, 26.01.2021).
§ 20 Abs. 2 Satz 2 eröffnet den Wohnungseigentümern die Möglichkeit, über die Durchführung der baulichen Maßnahme im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung, also dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entsprechend, zu beschließen. § 20 Abs. 2 Satz 2 schränkt den Anspruch aus § 20 Abs. 2 Satz 1 insoweit ein, als dass der Wohnungseigentümer keinen Anspruch auf eine bestimmte Durchführung der baulichen Veränderung hat. Der Begriff der Durchführung bezieht sich sowohl auf die baulichen Details, als auch auf die Frage, wer die Baumaßnahme durchführt. Die Wohnungseigentümer können deshalb im Rahmen ihres Ermessensspielraums etwa detaillierte Vorgaben für die bauliche Durchführung machen, die der Wohnungseigentümer zu berücksichtigen hat (zum Beispiel die Verwendung bestimmter Materialien oder die Vorgabe, Kabel unter Putz zu verlegen). Dadurch kann auch sichergestellt werden, dass bauliche Veränderungen mehrerer Wohnungseigentümer technisch kompatibel sind. Die Wohnungseigentümer können aber auch beschließen, dass die Bauausführung durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf Kosten des bauwilligen Wohnungseigentümers erfolgt. Die Entscheidungsmacht der Wohnungseigentümer ist nicht schrankenlos, sondern wird durch die Vorgaben ordnungsmäßiger Verwaltung beschränkt (Rechtsanwalt Marco J. Schwarz, Neue Beschlusskompetenzen, 26.01.2021).
Achtung!
Es muss vor der Durchführung ein Beschluss über die geplante Maßnmahme herbeigeführt werden. Die Wohnungseigentümer sind dabei nicht befugt, den Anspruch aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG mit Blick auf beschränkte Kapazitäten etwa der gemeinschaftlichen Elektroinstallationen abzulehnen. Entweder teilen sich in einem solchen Fall alle an der Nutzung interessierten Wohnungseigentümer die beschränkten Kapazitäten oder sie rüsten die bestehenden Elektroinstallationen gemeinsam auf und tragen nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WEG die dafür notwendigen Kosten gemeinsam.
! Es können also auch Jahre nach der Erstinstallation einer Lademöglichkeit Zusatzkosten für die Eigentümer bzw. Nutzer entstehen, weil die Gesamtanlage für weitere Interessierte im Zuge der Gleichbehandlung aller Eigentümer aufgerüstet werden muss. Diese Kosten können einen nicht unerheblichen Umfang erreichen!